Jeder, der schon einmal eine meiner Yogaeinheiten besucht hat, weiß, dass ich ein großes Augenmerk auf die Atmung lege.
In diesem Beitrag will ich dir erzählen, warum das so ist.

Aber erst mal ein paar Fakten zu deinem autonomen Nervensystem, denn genau diesen Teil deines Nervensystems wollen wir über die Yogapraxis ansprechen. Dieser Teil des Nervensystems wird unwillkürlich und nicht bewusst gesteuert, wie zum Beispiel Atmung, Herzschlag und Verdauungsprozesse.

 

Die zwei wichtigsten Teile sind:

-  Das sympathische Nervensystem

-  Das parasympathische Nervensystem

 

Der Sympathikus hilft uns leistungsfähig zu sein.
Er löst die sogenannte Angriff- oder Flucht-Reaktion in uns aus und versetzt den Körper in noch höhere Leistungsbereitschaft. Sobald wir also unter Stress stehen, unter Termindruck oder Leistungsdruck, bewirkt Sympathikus, dass wir effizienter und leitungsfähiger werden.
Klingt doch gut - oder?
Doch eine Sache müssen wir bedenken:
Beginnend bei unserem Schulwesen, die Arbeitswelt, ja sogar unsere Freizeitgestaltung ist auf Leistung ausgelegt. Gehe mal in dich und reflektiere einen ganz normalen Wochentag.

In meinem Fall sah vor einigen Jahren ein normaler Wochentag so aus:
Ich stand auf und schaute, dass ich mich und das Kind schnell fertig machte, schnell frühstücken, schnell Kind zum Kindergarten bringen, welcher Gott sei Dank direkt vor der Tür war, dann schnell zur Arbeit. Auch dort wurde natürlich Leistung erwartet. Verkaufszahlen, Umsatzquoten und Konkurrenzdenken waren ganz normal und verfolgten mich oft bis in meine Freizeit, da ich nicht abschalten konnte. Nach der Arbeit schnell die Kleine holen, schnell kochen, dann schnell essen, denn danach müssen wir ja noch raus oder zum Schwimmen oder zur musikalischen Früherziehung oder sonst was. Meistens war ich am Abend schon so fertig, dass ich froh war ins Bett zu fallen um dann doch nicht einschlafen zu können.
Kommt dir mein früherer Alltag irgendwie bekannt vor? Vor den Kindern war es nicht viel anderes, denn da arbeitete ich Vollzeit und machte mir selbst Stress mit allen möglichen Freizeitaktivitäten.
Fast mein ganzes Leben war mein sympathisches Nervensystem der stark dominierende Teil, was einige Nachteile mit sich brachte, wie zum Beispiel Schlafstörungen und Verdauungsprobleme.

 

Nun kommen wir zum zweiten wichtigen Teil des Nervensystems:

Dem Parasympathikus, auch als Ruhenerv bezeichnet.
Er löst Ruhe- und Verdauungsreaktionen aus, wie zum Beispiele langsameres, tieferes Atmen, langsamere Herzfrequenz und langsamerer Puls.

Ganz am Anfang meines Yogaweges machte ich die Erfahrung, dass je weniger wir im parasympathischen Zustand verweilen, desto schwieriger wird es später diesen Zustand bewusst zu erreichen und noch schwerer ihn zu halten. Wir haben verlernt wirklich zu entspannen, in Ruhe zu sein.  Früher fiel es mir unglaublich schwer einige Momente in Stille zu sitzen und es begegnet mir bei manchen Teilnehmern meiner Yogaeinheiten immer wieder.

Ich hatte und habe das Glück von Lehrern zu lernen, die der Atempraxis mehr Bedeutung beimessen als den körperlichen Übungen, denn nur ein paar wenige Asanas stimulieren den Parasympathikus.

 

Frage dich selbst: Warum praktizierst du Yoga?

Wenn es dir darum geht Stress abzubauen, deine Schlafprobleme oder Angstzustände loszuwerden, dann sollte es bei deinem Yoga in erster Linie darum gehen, über den Atem den Parasympathikus zu aktivieren .

Wenn es dir um Wachstum und Transformation geht, ist auch hier das Erreichen von Ruhe und Stille über den Parasympathikus der erste Schritt.

Für mich ist ganz klar spürbar, dass wir an einem Wendepunkt angekommen sind.
Uns wird immer bewusster, dass das Höher-Besser-Weiter uns nicht glücklich machen kann, wenn wir verlernen zu ruhen, zu regenerieren und zu entspannen.

Es geht nicht darum, das Eine schlecht zu machen und die Heilung im Anderen zu sehen,
sondern um eine stabile Balance.

Kannst du diese Balance leben?
Für mich gibt es nichts Schöneres als meine eingeplanten Pausen, die ich in meinen Alltag fest integriert habe.

Ich hoffe, dass dich diese Zeilen inspirieren, einige Dinge in deinem Leben zu hinterfragen.
Vielleicht sogar die Art und Weise, wie du dein Yoga praktizierst. So oder so wünsche ich dir viel Freude beim Hineinspüren.

Nächste Woche teile ich mit dir eine Atemtechnik die dich in einen entspannten und ruhigen Zustand führt.

Von Herzen alles Liebe.

Evelina